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Wie Familienregeln unser Leben auch noch im Erwachsenenalter beeinflussen können

Aktualisiert: 13. Aug.


Familienregeln spielen eine entscheidende Rolle in der Erziehung und beeinflussen nicht nur das Verhalten und die Werte eines Kindes, sondern auch das Leben im Erwachsenenalter. Doch was genau sind Familienregeln und wie unterscheiden sich explizite von impliziten Regeln? In diesem Artikel sehen wir uns diese Fragen genauer an und erörtern, wie tiefgreifend der Einfluss dieser Regeln auch noch nach dem Verlassen des Elternhauses sein kann.


 
Alina Bungartz - Praxis für Systemische Familientherapie
Alina Bungartz | Praxis für Systemische Familientherapie
 


Was versteht man unter Familienregeln?


Familienregeln sind die Normen, Werte und Verhaltensweisen, die in einer Familie etabliert und an die nachfolgenden Generationen weitergegeben werden. Diese Regeln bestimmen, wie Familienmitglieder miteinander umgehen, wie sie Konflikte lösen und welche Werte sie im Leben als wichtig erachten. Sie können sowohl verbal ausgesprochen als auch durch wiederholtes Verhalten vermittelt werden.



Explizite vs. implizite Regeln: Der Unterschied


In der Systemischen Familientherapie wird zwischen zwei Arten von Familienregeln unterschieden: explizite und implizite Regeln.


Explizite Regeln

Explizite Regeln sind klar formulierte, ausgesprochene Anweisungen, die oft direkt von den Eltern oder Erziehungsberechtigten kommuniziert werden. Beispiele hierfür sind:

  • "Sei immer pünktlich."

  • "Du musst vor dem Schlafengehen die Zähne putzen."

  • "Lüge niemals."


Diese Regeln sind leicht erkennbar und verständlich. Sie sind oft in spezifischen Situationen oder durch konkrete Handlungen verankert. Die Einhaltung dieser Regeln wird meist überwacht und Verstöße werden in der Regel sanktioniert, etwa durch Strafen oder Konsequenzen.


Implizite Regeln

Implizite Regeln hingegen sind unausgesprochen und oft schwerer zu erkennen. Sie werden nicht direkt formuliert, sondern durch wiederholtes Verhalten und die Erwartungen innerhalb der Familie übermittelt. Beispiele für implizite Regeln könnten sein:


  • "Über Gefühle wird in unserer Familie nicht gesprochen."

  • "Du musst immer stark sein und keine Schwäche zeigen."

  • "Konflikte werden vermieden, anstatt offen angesprochen."


Diese Regeln sind subtil und werden durch Beobachtung und Nachahmung gelernt. Sie haben oft eine tiefere emotionale Wirkung, da sie auf unbewusster Ebene das Verhalten und die Selbstwahrnehmung beeinflussen.



Der Einfluss von Familienregeln im Erwachsenenalter


Familienregeln formen unsere Persönlichkeit und unsere Art, mit der Welt umzugehen. Auch im Erwachsenenalter tragen wir diese Regeln in uns und sie können unser Verhalten, unsere Beziehungen und sogar unsere Karriere beeinflussen.


  • Verhaltensmuster: Familienregeln können Verhaltensmuster schaffen, die sich bis ins Erwachsenenalter fortsetzen. Zum Beispiel könnte eine Person, die in einer Familie mit der impliziten Regel „Gefühle werden nicht gezeigt“ aufgewachsen ist, Schwierigkeiten haben, emotionale Intimität in Beziehungen zu entwickeln.


  • Werte und Moral: Die in der Kindheit erlernten Werte und moralischen Standards bleiben oft bestehen und prägen unsere Entscheidungen. Kommt man aus einer Familie, die großen Wert auf Ehrlichkeit gelegt hat, könnte das dazu führen, dass man auch im Erwachsenenalter in moralischen Dilemmata eher zu Ehrlichkeit neigt.


  • Konfliktlösung: Auch die Art und Weise, wie Konflikte in der Familie gehandhabt wurden, kann das spätere Konfliktverhalten beeinflussen. Wenn in der Familie Konflikte vermieden wurden (implizite Regel), könnte dies im Erwachsenenalter zu Problemen in beruflichen oder persönlichen Beziehungen führen, da die betroffene Person möglicherweise nicht gelernt hat, wie man Konflikte offen und konstruktiv anspricht.


  • Selbstbild und Selbstwert: Familienregeln beeinflussen auch das Selbstbild und den Selbstwert. Implizite Regeln wie „Du musst immer perfekt sein“ können zu einem ständigen Gefühl des Ungenügens und einem hohen Leistungsdruck führen, der sich auch im späteren Leben bemerkbar machen kann.



Sind Familienregeln veränderbar?


Die Frage, ob Familienregeln veränderbar sind, ist von großer Bedeutung, insbesondere für Menschen, die feststellen, dass bestimmte Regeln oder Verhaltensmuster, die sie aus ihrer Kindheit übernommen haben, in ihrem Erwachsenenleben hinderlich sind. Die gute Nachricht ist, dass Familienregeln durchaus veränderbar sind, auch wenn dieser Prozess oft nicht einfach ist. Der erste Schritt zur Veränderung besteht darin, sich dieser Regeln bewusst zu werden und zu erkennen, wie sie das eigene Verhalten beeinflussen. Durch Selbstreflexion, Gespräche mit Familienmitgliedern oder professionelle Unterstützung, wie etwa in einem systemischen Coaching oder einer systemischen Familientherapie, können alte, ungesunde Regeln aufgelöst und durch neue, konstruktivere Verhaltensweisen ersetzt werden. Es erfordert Mut und Geduld, alte Muster zu durchbrechen, aber die bewusste Arbeit an diesen Regeln kann zu einer positiven Transformation führen, die das Leben bereichert und zu einem gesünderen Umgang mit sich selbst und anderen beiträgt.



Kurz zusammengefasst:


Familienregeln sind tief in unserer Psyche verankert und beeinflussen unser Leben auch noch lange nach dem Verlassen des Elternhauses. Das Bewusstsein über diese Regeln, insbesondere die impliziten, kann uns helfen, uns selbst besser zu verstehen und gegebenenfalls notwendige Veränderungen in unserem Verhalten und unserer Selbstwahrnehmung vorzunehmen. Wer sich die Zeit nimmt, seine familiären Prägungen zu reflektieren, kann nicht nur ein bewussteres Leben führen, sondern auch gesündere Beziehungen und erfolgreichere Karrieren aufbauen.


Haben Sie Lust bekommen, sich Ihre prägenden Familienregeln näher anzuschauen und an ihnen zu arbeiten? Gern gehe ich ein Stück dieses Weges gemeinsam mit Ihnen in meiner Praxis in Düsseldorf oder online.



 

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